http://www.derwesten.de/nrz/ 31.10.2012
Kaplan sucht Kontakt zur Gemeinde
Pater Rajakumar Santiagu möchte die Messdienerarbeit ankurbeln. Seit zweieinhalb
Jahren lebt er in Deutschland und hat Rees schon ins Herz geschlossen.
NRZ Foto: Konrad Flintrop
Von Elisabeth Hanf
Rees. Pater Rajakumar Santiagu spurtet durch die Oberstadt zum Termin. „In Deutschland sind die
Menschen pünktlich", hat er in den vergangenen zwei Jahren zu schätzen gelernt. Und das will er
auch sein. Schließlich möchte er so schnell wie möglich in Rees Kontakte knüpfen, Menschen kennen
lernen und mit ihnen kommunizieren. Der 38-jährige Inder ist seit zwei Wochen als neuer Kaplan in
der Gemeinde St. Irmgardis tätig.
Pater Rajakumar Santiagu wuchs in einem kleinen Dorf im Bundesstaat Karnataka auf. „Nach dem
7. Schuljahr wusste ich schon, dass ich studieren möchte. Aber meine Mutter war strikt dagegen. Erst
nach einem Besuch beim Bischof, der etwa 50 Kilometer von unserem Dorf entfernt wohnte, willigte
sie ein. Danach habe ich mein Dorf verlassen."
Nach der 10. Klasse wechselte er zum Prieste-rseminar der Ordens-kongregation des Heiligen Franz
von Sales. Als indischer Tamilie lernte neben Tamilisch noch vier weitere indische Sprachen. Drei
Jahre studierte er Englisch, dann begann das Noviziat. Es folgten drei Studienjahre Philosophie, ein
Jahr Praktikum in einer Pfarrei, bevor er vier Jahre Theologie studierte. Im Jahr 2003 wurde er zum
Priester geweiht.
Sozialarbeiter und Schulleiter
Nach seiner Priesterweihe arbeitete er sieben Jahre als Sozialarbeiter und Schulleiter in Indien,
bevor er im Februar 2010 nach Deutschland flog. Alternativ standen die USA zur Debatte. Er
entschied sich für Deutschland. „37 Grad waren es in Indien bei meinem Abflug, in München minus 17
Grad. Ein Kälteschock!" Seine erste Stelle führte ihn ins Tecklenburger Land nach Recke, nachdem er
vier Monate im Dingdener Klausenhof Deutsch gelernt hatte. Und das kann er schon richtig gut.
Von Rees ist er sichtlich begeistert. „In meinem Heimatdorf gab es auch einen Fluss. Hier ist alles
grün und die Menschen freundlich", erzählt er. „Ich laufe gerne durch die Stadt, spreche die Leute an,
gehe ins Altenheim und auf den Friedhof. Und sage allen: Ich habe keine festen Sprechzeiten,
sondern bin für sie immer erreichbar." Für seinen Pastor findet er nur anerkennende Worte: „Er ist
wunderbar!" Liturgisch möchte sich der neue Kaplan nach dem richten, was die Gläubigen wünschen.
Zwei Wahlsprüche leiten ihn: einer von Soren Kierkegaard, dänischer Philosoph und Theologe:
„Leben lässt sich nur rückwärts verstehen, muss aber vorwärts gelebt werden." Und dem von Martin
Buber: .Wenn ich dich kenne, kenne ich auch Gott!"
Einmal im Jahr reist er in seine Heimat. Hier lässt er jedes Mal sein „Taschengeld" einem armen
Kind zukommen, über dessen Schicksal er sich vor Ort informiert.
Seine Mahlzeiten kocht der Pater selbst. „Natürlich indisch, mit scharfen Gewürzen." Wenn sich
Rajakumar Santiagu in seiner spärlich eingerichteten Wohnung einsam oder traurig fühlt, spielt er
Keyboard. In Recke hat er im Chor mit-gesungen, was er sich auch in Rees gut vorstellen kann.
Überhaupt gab es in Recke mehr Vereinigungen und Verbände als in Rees, wo er gefordert war.
„Aber wenn es mir gelingt, mehr Messdiener für den Dienst am Altar zu gewinnen, bin ich schon sehr
froh." Und wenn Reeser ihn auf der Straße ansprechen, dann sowieso